Fremden- und Asylrecht


Asylgesetz 2005 - ein Irrweg
von RA Dr. Josef Unterweger


Das Asylgesetzes 2005 - als Teil des "Fremdenpaket 2005" - wurde beschlossen. Die Stellungnahmen dazu erreichen teilweise Buchstärke, sind nahezu einhellig negativ und überwiegend sogar scharf ablehnend.

Für den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofes ist der Entwurf "ein deutlicher Schritt in die falsche Richtung". Die Stellungnahme der ÖRAK sieht "das Asylrecht in ein Repellationsrecht umfunktioniert". Amnesty International verweist darauf, dass "sich die Formulierungen im Gesetz und insbesondere den Erläuternden Bemerkungen durch eine auffallend xenophobe Sprache auszeichnen". Allgemein werden zahlreiche Verstöße gegen Verfassungsrecht, die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) und die EMRK aufgezeigt.

Sollte der Entwurf in dieser Form vom Nationalrat beschlossen werden, wird im Detail darauf einzugehen sein. Hier sei vorweg auf einige jener Bestimmungen eingegangen, welche Rechtsanwälte und den Rechtsschutz betreffen.

Der Entwurf zeigt offenes Mißtrauen gegenüber Fremden, deren Rechtsanwälten aber auch gegenüber dem Unabhängigen Bundesasylsenat (UBAS).


UBAS neu - Befristet Unabhängige Senate

Die Mitglieder des UBAS sollen künftig nur mehr befristet bestellt werden. Die Unabhängigkeit des UBAS ist damit beeinträchtigt, wenn nicht beendet. Das wiederum wird zu einer weiteren Belastung des VwGH führen, der die Behandlung von Beschwerden dann ablehnen kann, wenn ein Unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat. Gerade das wird der UBAS - auch nach Ansicht des Präsidenten des VwGH - nicht mehr sein. "Denn wer um seine berufliche Zukunft bangen muss, entscheidet unfreier" (Jabloner in Salzburger Nachrichten 18.5.2005). Die beabsichtigte Personalaufstockung der Senate wird somit nur dazu führen, die vorhandenen Probleme an den VwGH weiterzureichen.

Zurecht werden ein echtes und unabhängiges Verwaltungsgericht des Bundes erster Instanz sowie Verwaltungsgerichte der Länder gefordert. Die richterliche Qualität des UBAS sollte gestärkt und dessen Anbindung an das Innenministerium gelöst werden.


Asylwerber unter Generalverdacht - einige Beispiele

So sollen Asylwerber nach ihrer Ankunft routinemäßig angehalten und damit ausnahmslos in ihrer Freiheit beschränkt werden. Das ist nicht nur unpraktikabel und zwecklos, sondern verstößt gegen Artikel 5 EMRK.

Traumatisierte Asylwerber, die durch andere EU-Staaten nach Österreich kamen, sollen in Schubhaft genommen und in andere EU-Staaten zurückgeschoben werden können. Ärztliche Warnungen gegen diese Maßnahme blieben unberücksichtigt. Welche Folgen solche Abschiebungen angesichts der humanitären und medizinischen Standards einiger der neuen EU-Mitgliedsländer zeitigen werden, möge sich jeder selbst ausmalen.

Personen, die kein Asyl bekommen, aber im Land bleiben dürfen, weil ihnen in der Heimat Tod oder Verfolgung drohen - rund 1000 Menschen - sind von der neuen Regelung besonders betroffen. Ihnen werden Familienbeihilfe und Kindergeld gestrichen.

Wenn man bedenkt, dass diese Ausgabe für die 1000 betroffenen Personen einen geringen Bruchteil dessen darstellen, was das grundsätzlich offene und durchaus großzügige österreichische Volk an Spenden pro Jahr abgibt, kann man nicht umhin, diese Regelungen als kurzsichtig, kleinmütig und kleinlich zu bezeichnen.

Hungerstreikende in der Schubhaft sollen zwangsernährt werden. Auch hier blieb der Protest prominenter Ärzte unberücksichtigt.


Rechtsanwalt als Randfigur

Gesetzestext und Erläuternde Bemerkungen vermitteln den Eindruck, als ob die oft extrem lange Verfahrensdauer auf Rechtsanwälte und den UBAS zurückzuführen sei. Übersehen wird dabei, dass die ständige personelle und materielle Unterdotierung der Asylbehörde sowie das ständige "Herumdoktern" des Gesetzgebers an den Rechtsgrundlagen Kapazitäten bindet und Verfahren verzögert, wie dies die Stellungnahme des ÖRAK ausführt.

Der Generalverdacht gegen Rechtsanwälte zeigt sich am klarsten wohl darin, dass fristauslösende Zustellungen nicht mehr an die Parteienvertreter erfolgen.

Bescheide werden von Fremdenpolizisten (!) zugestellt. Abzuschiebende können dann gleich in Schubhaft genommen werden. Die Zustellung erfolgt an die Asylbewerber direkt. Damit beginnt auch der Fristlauf.
Ein Rechtsberater des Innenministeriums kann den Rechtsanwalt verständigen - wenn der Asylwerber dies wünscht.

     "Hat der Asylbewerber auch einen gewillkürten Vertreter, ist dieser vom Rechtsberater über Ladungen und den Stand des Verfahrens schnellst möglich zu verständigen, wenn der Asylwerber dies wünscht" (§ 23 Abs 2 Satz 2 AsylG 2005).

Ungelöst ist - unter anderem - wer im Falle der nicht eigenberechtigten Asylwerber für diese "wünscht".
Im Hinblick auf die kurzen Fristen des Asylverfahrens sowie die möglichen Verständigungsprobleme zwischen Rechtsanwalt und Mandant führt diese Bestimmung zur spätestmöglichen Verständigung der Rechtsanwälte. Das ist unannehmbar.

Gewillkürte Vertreter sind im Zulassungsverfahren bestenfalls noch geduldet:

     "Ein Asylwerber darf in Begleitung ... eines Vertreters zu Einvernahmen vor der Behörde erscheinen..." (§ 19 Abs 5 Halbsatz 1 AsylG 2005).

Das steht für sich und bedarf keines Kommentars.


Zusammenfassend ...

Bei Beachtung des VfGH-Erkenntnisses vom 15.10.2004, G237/03 und ausreichender personeller und materieller Ausstattung ist ein EMRK- und GFK-konformes Verfahren ohne weiteres möglich.

Die Belastung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts und die Dauer der Verfahren in Asylsachen ist auf die ständige Unterdotierung der Asylbehörden und auf die ständige Veränderung der Rechtsgrundlagen des Gesetzgebers zurückzuführen.
Das bleibt so.
Die Verbesserung der materiellen und personellen Ausstattung der Asylbehörden wurde nicht in Angriff genommen.

Die befristete Bestellung der Mitglieder des UBAS ist "ein deutlicher Schritt in die verkehrte Richtung" (Jabloner) und wird den VwGH massiv überlasten.
Die angekündigte (befristete) Personalaufstockung wird durch die Neuregelungen des Gesetzes aufgehoben.

Der Generalverdacht gegen Fremde und die auffallend xenophobe Sprache führen zu zahlreichen Regelungen, die zumindest unpraktikabel und sinnfrei, häufig aber menschenrechtswidig sind.

Die freie Tätigkeit des Rechtsanwaltes wird mit Misstrauen gesehen. Der gewillkürte Parteienvertreter wird bloßer Beobachter, der bei Einvernahmen anwesend sein "darf". Zustellungen erfolgen fristauslösend an den Asylwerber. Der Rechtsanwalt erfährt von Entscheidungen durch Bedienstete des Innenministeriums, sofern der Asylwerber dies "wünscht" - und sofern er seinem Wunsch Ausdruck verleihen kann.


Es bleibt der schale Geschmack eines Gesetzes das der humanitären Tradition Österreichs sowie rechtsstaatlichen Grundsätzen widerspricht und das tiefes Mißtrauen gegenüber Fremden, dem UBAS und insbesondere gegenüber freien und unabhängigen Parteienvertretern hegt.

Die anstehenden Probleme werden mit diesem Gesetz nicht geringer werden.


(Erstabdruck in: Nova & Varia 2/2005, 71)

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