|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Umweltrecht
|
|
|
|
|
|
Tipps und Tricks für Bürgerinitiativen
Broschüre von Dr. Josef Unterweger
Wie ein Blitz aus heiterem Himmel trifft es Sie. In dem ruhigen Dörfchen, daß Sie seit Jahrzehnten bewohnen, wird eine Umfahrung geplant, die Ihnen den ungehinderten Blick auf den Mittelstreifen einer Bundesstraße ermöglicht, das etwas verträumte Grätzl erhält statt einer Grünanlage einen Park, der Bürgermeister der Landgemeinde träumt von Steuereinnahmen durch eine Müllverbrennungsanlage, Der Blick auf einen idyllischen Bach soll durch eine Wurstfabrik angereichert werden, die Villengegend wird durch mehrstöckige Zinskasernen zugepflastert, .... All dies hat Folgen. Für jene Nachbarn, die "die Sache hinunterschlucken", aber auch für jene die sich wehren. Wer weiß schon, wie man sich wehrt, in einem Land, in dem Wort Zivilcourage zweifelsfrei ein Fremdwort ist?
Informationen einholen.
Holen Sie sich alle Ihnen zur Verfügung stehenden Informationen ein. Wenn Sie Partei des Verfahrens sind, haben Sie Recht auf Akteneinsicht. Gemeinderäte oder Bürgermeister sollten ihren Wählern Auskunft über die anstehenden Projekte, deren Umfang und Auswirkungen geben. Wird Ihnen die Auskunft verweigert oder sind die Auskünfte offensichtlich unvollständig oder unrichtig, so ist Vorsicht geboten. Gehen Sie in diesen Fällen eher vom Schlimmsten aus. Informieren Sie sich anhand von Zeitungen oder Büchern über den Umfang oder die Auswirkungen solcher Projekte. Zeitungen besitzen großartige Archive. Ein befreundeter Journalist kann Ihnen über den gewöhnlichen Ablauf solcher Projekte und deren Auswirkungen auf die Bevölkerung schon anhand von Zeitungsartikeln einen groben Überblick verschaffen.
Gleichgesinnte suchen.
Informieren Sie mit den ersten Grobinformationen Ihre Nachbarn und alle jene, die sich in vergleichbarer Lage befinden. Machen Sie Kopien und geben Sie diese an Interessierte weiter. Nützen Sie private und berufliche Kontakte, um Problembewußtsein zu schaffen.
Verein oder nicht Verein?
Hat sich herausgestellt, daß Ihr Anliegen nicht bloß kurzfristig ist und daß eine größere Anzahl von Personen werden, stellt sich die Frage, ob weiterhin als bloßes lockeres Personenkomitee gearbeitet werden soll oder ob ein Verein zu gründen ist. Die Vorteile eines Vereines liegen darin, daß es sich um gesetzlich definierte Organisationsform handelt, daß es dadurch leichter ist die Aufgaben klar zu verteilen, daß Banken, aber auch Behörden der Umgang mit Vereinen bekannt ist und daß Sie auf diese Weise auch eine gewisse Dauerhaftigkeit der Bürgerinitiative erreichen können.
Geld regiert die Welt.
Sollten Sie nicht bloß vom olympischen Gedanken getragen sein und dem Motto frönen, "dabei sein ist alles", wird es notwendig sein, für die zu erwartenden Auslagen der Bürgerinitiative Vorsorge zu treffen. Es ist ein Spendenkonto einzurichten, Erlagscheine sind zu drucken und zu verteilen, die zu erwartenden Ausgaben sind zu budgetieren. Am besten Sie richten einen "Finanzminister" ein, der sich überwiegend mit dieser Tätigkeit beschäftigt. Legen Sie Wert darauf, daß Einnahmen und Ausgaben stets nachvollziehbar sind und jederzeit veröffentlicht werden könnten. Nur wenn die Verwendung der Gelder über jeden Zweifel erhaben ist, werden Sie finanzielle Unterstützung dauerhaft erhalten können.
Öffentlichkeitsarbeit einrichten.
Nur das, was in den Nachrichten, den Zeitungen oder im Fernsehen vorkommt, hat stattgefunden. Informieren Sie die Medien rechtzeitig von Ihrem vorhanden sein, von den Problemen des Projektes, den zu erwartenden Auswirkungen und den Stellungnahmen der Anrainer dazu. Achten Sie darauf, daß Journalisten täglich eine Fülle von Informationen erhalten und nur die interessantesten und wichtigsten im Medium erscheinen können. Informieren Sie sich über den Schwerpunkt des Mediums und über den Tätigkeitsbereich des Journalisten, damit Sie die Art und den Umfang der Information diesen Gegebenheiten anpassen können.
Es sollte eine Person sich schwerpunktmäßig damit beschäftigen, Anfragen der Presse entgegenzunehmen und zu beantworten bzw. Presseinformationen herzustellen und an die Medien weiterzugeben. Dies ist schon deshalb notwendig, weil es nicht allen Leuten gegeben ist, sich ausreichend verständlich zu machen und weil eine gewisse Kontinuität in der Betreuung der Presse gegeben sein muß. Pressemitteilungen können überdies Gegenstand von medienrechtlichen Klagen sein. Auch hier ist es vorteilhaft, wenn der/die PressesprecherIn Erfahrung im Umgang mit den Medien hat.
Organisation schaffen.
Je nach Größe des Projektes wird es unumgänglich sein dafür zu sorgen, daß Sie einen möglichst kostengünstigen Zugang zu Kopierer, Fax, Telefon haben. Hier empfiehlt es sich, jemanden mit der inneren Organisation zu betrauen. Das ist meist jemand, der möglichst integrativ ist und teamfähig ist. Stammtische und Zusammenkünfte müssen organisiert werden, Papier und Briefmarken sind einzukaufen, Plakate zu kleben, Veranstaltungen anzumelden, dafür zu sorgen, daß die richtige Person zur richtigen Zeit am richtigen Ort ist.
Allianzen bilden.
Ermitteln Sie, welche Bürgerinitiative oder Organisation ein ähnliches oder gleiches Ziel hat. Überlegen Sie, wer Ihnen helfen kann und sprechen Sie an. Erheben Sie, ob es ähnliche Verfahren bereits gegeben hat, informieren Sie sich bei den Teilnehmern des Verfahrens über den Ablauf und die Schwierigkeiten. Auf diese Weise können Sie Fehler vermeiden, die andere gemacht haben.
Inhaltlich arbeiten.
Nützen Sie das vorhandene Wissen. Erkundigen Sie sich bei Ihren MitstreiterInnen, ob jemand schon Vorwissen zu dem Thema des Projektes oder zu Detailthemen hat. Im Rahmen eines Hobbys oder der beruflichen Tätigkeit kann Spezialwissen vorhanden sein, welches hilfreich ist. Bilden Sie unter Ihren MitstreiterInnen einen Beraterstab, der sich auf bestimmte Themen des Projektes spezialisiert und die Informationen dazu zusammen trägt. Achten Sie darauf, daß wichtige Informationen schriftlich und in einer Art vorliegen, daß Ihre Wahrheit und Richtigkeit notfalls auch vor Gericht nachgewiesen werden kann.
Profis engagieren.
Bereiten Sie Ihre Argumentation professionell vor. Dort, wo Alltagswissen nicht ausreicht oder formelle Aspekte zu berücksichtigen sind, engagieren Sie Profis. Sie sollten die Diskussion wichtiger Themen nicht dem Zufall überlassen. Das Match "Amateure gegen Profis" hat meist einen hohen Unterhaltungswert, geht aber nur in den seltensten Fällen befriedigend für die Amateure aus. Wenn Sie schon gegen Goliath antreten müssen, dann sorgen Sie wenigstens dafür, daß David gegen Goliath antritt, ein durchtrainierter, geistesgegenwärtiger, siegeshungriger, mit seinem Handwerk vertrauter Experte, der gar nicht versucht der "bessere Goliath" zu sein.
Achten Sie auf klare Honorarvereinbarungen und achten Sie darauf, daß Sie diese auch erfüllen können. Nur ein zufriedener Experte ist für Sie nützlich.
Entspannen.
Machen Sie nicht alles selbst, achten Sie darauf, daß jeder/jede, die mitmachen will, mitmachen kann, also etwas zu tun hat, eine Aufgabe erfüllen kann, Ihrer Gemeinschaft nützlich sein kann. Reißen Sie nicht alles an sich, machen Sie sich nicht unentbehrlich. Es ist stets mehr zu tun, als Arbeit bewältigt werden kann. Machen Sie sich entbehrlich.
|
|
|
|
|
|
|
|
Anwaltskanzlei Unterweger, Buchfeldgasse 19a, A-1080 Wien, www.unterweger.co.at |
|
| |
|
|
|