Vereine und NGO


Stellungnahme zur beabsichtigten Änderung des Vereinsrechtes
(August 1998)


Grundsätzlich läßt sich sagen, daß der Entwurf der Beamten des Bundesministers für Inneres aus dem Blinkwinkel des Mißtrauens gegenüber den Vereinen abgefaßt worden ist. So ist für Vereine weiterhin die Polizei statt dem Gericht zuständig, wie es sich für eine Zivilrechtssache gehören würde.

Der Entwurf schafft eine starke Aufblähung der Verwaltung. So soll ein elektronisches Vereinsregister entsprechend dem Firmenbuch geschaffen werden. Dieses Vereinsregister soll bei der Polizei aufgebaut werden. Dafür müssen neue Computer und neue Beamte eingestellt werden. Die Infrastruktur ist bei den Gerichten, die das Firmenbuch handhaben, allerdings bereits vorhanden.

Allen großen Vereinen, Spendervereinen sowie Publikumsvereinen wird zwingend ein Aufsichtsorgan vorgeschrieben. Ein Drittel der Aufsichtsorgansmitglieder darf nicht die Vereinsmitgliedschaft haben.
Die Mitglieder des Aufsichtsorganes müssen Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder sein. Nachdem diese Personen auch für die Tätigkeit des Vereines persönlich haften sollen und daher nicht davon ausgegangen werden kann, daß sich jemand wie bisher unentgeltlich für diese Tätigkeit zur Verfügung stellt, ist mit einem erhöhten Aufwand für Beratungs- und Versicherungskosten zu rechnen.

Sämtliche Spendervereine haben einen Rechnungsabschluß bei der Polizei vorzulegen, in dem die zweckmäßige und statutarische Verwendung der Gelder bestätigt wird. Zu beachten ist, daß diese Rechnung nach dem Rechnungslegungsgesetz und der Bundesabgabenordnung zu erstellen ist. Beispielsweise sei angeführt, daß die Bezahlung von Verwaltungsstrafen für Parkvergehen auch dann nicht als zweckmäßige Ausgabe gesehen wird, wenn das Falschparken die einzige Möglichkeit war, den Vereinszweck zu erreichen, wie dies der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt. Diese Regelung stellt eine Einmischung in die Vereinsfreiheit dar.

Durch die Vorlage des Rechnungsabschlusses im Sinne des Rechnungslegungsgesetzes wird die Arbeit der Vereine für die Polizei vollständig nachvollziehbar. Die Vereine stehen damit unter ständiger Polizeibeobachtung, während GmbHs, AG oder andere Gesellschaften diesen Überwachungsdruck nicht haben. Die elektronische Registrierung bei der Polizei stellt einen weiteren Systemfehler des Entwurfes dar.

Beabsichtigt ist, den Spendervereinen ein Gütesiegel auszustellen, wenn sie den Rechnungslegungsabschluß vorlegen und die Polizei (!) keine Zweifel an der Vertrauenswürdigkeit der Vorstandsmitglieder hat. Das bedeutet, daß polizeiliches Willkür bei der Vergabe des Gütesiegels nicht unmöglich ist. Auch hier sind die Vereine schlechter behandelt als Gesellschaften des Handelsrechts.

Vereinsorgane sollen für die Tätigkeit des Vereines haften, außer sie beweisen, daß sie keine Schuld trifft. Diese Haftung ist strenger als die eines Geschäftsführers einer GmbH.

Der Verein haftet nach dem Entwurf für das Verhalten seiner Mitglieder. Künftig werden Klagen häufiger und leichter erfolgen, weil jedenfalls der Verein für jedes Fehlverhalten seiner Mitglieder aufzukommen hat.

Zusammengefasst erweist sich der Vorschlag des Bundesministers für Inneres und seiner Beamten als bürokratisch und von tiefem Mißtrauen gegenüber den Vereinen geprägt.

"Der ideelle Verein wird zu Tode verwaltet" (Dr. Schir, Sportunion). Das neue Gesetz wird eine Fülle von neuen Posten bei der Polizei zur Folge haben. Die Verwaltungskosten der Vereine werden durch Rechnungslegung und externe Aufsichtsorgane bedeutend erhöht. Geheimhaltungszusagen gegenüber Informanten und Aktivisten sind kaum mehr einzuhalten.

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